Der mit 15.000,- Euro dotierte Sonderforschungspreis für Forschungsprojekte mit besonderer sozialer Relevanz geht an Dr. Antje Ota der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF).
Die Gips-Schüle-Stiftung wurde 1965 von den Nachkommen der Familie Schüle gegründet, die über 100 Jahre lang in Stuttgart sehr erfolgreich Gipsabbau betrieben hatte. An baden-württembergischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen fördert die Gips-Schüle-Stiftung Forschungsprojekte, mit dem Ziel, den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt, der zum Allgemeinwohl beiträgt und nachhaltig Bestand hat, voranzutreiben. Darüber hinaus verleiht sie alle zwei Jahre den Gips-Schüle-Forschungspreis und den Sonderforschungspreis für soziale Innovation.
In der diesjährigen Preisverleihung wurde Frau Dr. Antje Ota von den DITF Denkendorf mit dem Sonderforschungspreis für soziale Innovation bedacht. Der Preis ist mit 15.000,- Euro dotiert und würdigt Projekte mit besonderer sozialer Relevanz. Dr. Ota und das Team vom Kompetenzzentrum Biopolymerwerkstoffe wurden für ihre Forschung zur Herstellung von Cellulosefilamenten aus alternativen Rohstoffen ausgezeichnet.
Gemeinsam mit dem französischen Startup RBX Créations wurde die Nutzung von Hanfreststoffen zur Erzeugung von hochwertigen textilen Produkten untersucht. Dabei dienen die Hanfstängel allein oder in Kombination mit Flachsnebenprodukten der Herstellung von Zellstoff. Auf Grundlage eines patentierten Ökoverfahrens entwickelte RBX Créations einen Hanfzellstoff mit hoher Reinheit und exzellenten Eigenschaften. Der Zellstoff hat einen niedrigeren CO2-Abdruck als Kraft-Holzzellstoff.
Für die DITF ist dieser Zellstoff Ausgangsmaterial für die Herstellung von Cellulosefilamenten in einem innovativen, patentierten Verfahren (HighPerCell®). Mit der Expertise aus 20-jähriger Forschung entwickelte das Team um Dr. Ota dieses umweltfreundliche und neuartige Spinnverfahren. Es basiert darauf, dass das Ausgangsmaterial in ionischen Flüssigkeiten gelöst und anschließend in einem speziellen Nassspinnverfahren zu Fasern ausgesponnen wird. Das Lösungsmittel ist ungiftig und umweltverträglich. Es kann nahezu vollständig zurückgewonnen werden. Somit werden keine umwelt- oder gesundheitsschädlichen Chemikalien durch den Prozess freigesetzt. Auch das verwendete Hanfmaterial stammt aus einer ökologischen und nachhaltigen Bewirtschaftung. Die hanfbasierten Cellulosefasern sind wegen ihrer Eigenschaften wie hoher Zugfestigkeit und ihren Elastizitäts- und Dehnungs-Charakteristika auch für technische Einsatzmöglichkeiten interessant.
Die besondere soziale Relevanz des Forschungsprojektes erschließt sich aus der nachhaltigen Produktion von textilen Produkten auf der Grundlage natürlicher Rohstoffe. Für diese existiert keine anderweitige Verwertung, sie stehen deshalb nicht in Konkurrenz mit der Nahrungsmittelindustrie oder der Tierfutterproduktion und sind lokal verfügbar. Langfristig kann so der Verbrauch von Primärrohstoffen gesenkt und der Erhalt der Wälder gesichert werden. Hinzu kommt, dass die HighPerCell®-Technologie kreislauffähig ist und cellulosische Materialien in den Produktkreislauf zurückgeführt werden können. Damit wird dem aktuellen gesellschaftlichen Problem der umweltbelastenden Herstellung erdölbasierter und energieintensiver Textilien entgegengewirkt.
Die Preisverleihung fand in feierlichem Rahmen am 24. Oktober 2023 in Stuttgart statt.