Carbonfasern sollen künftig umweltfreundlich aus heimischem Holz hergestellt werden

DENKENDORF/STUTTGART. „Carbonfasern aus Buchenholz“ hatten die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung (DITF) Denkendorf (Landkreis Esslingen) eine Pressemitteilung überschrieben, als die Forschungseinrichtung und das baden-württembergische Landwirtschaftsministerium 2019 eine Kooperation vereinbarten. Denn die neue Technologie soll zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Sie soll neue Nutzungsmöglichkeiten für Laubholz aus den Wäldern im Südwesten eröffnen und gleichzeitig die Produktion von Carbon kostengünstiger und umweltfreundlicher machen.

Carbonherstellung bislang teuer und mit giftigen Nebenprodukten

Carbonfasern werden wegen ihres geringen Gewichts und ihrer Festigkeit im Fahrzeugbau, vom Flugzeug über Autos bis zum Fahrrad, eingesetzt. Doch auch im Bausektor bekommt der Stoff immer mehr Bedeutung. So können Carbonfasern zunehmend Stahl als Bewehrung in Betonkonstruktionen ersetzen und die Bauteile damit leichter machen und den Materialaufwand erheblich reduzieren.

Bislang ist die Produktion von Carbon jedoch teuer und wenig umweltfreundlich. Ausgangsprodukt ist der erdölbasierte Kunststoff Polyacrylnitril. Um daraus Carbonfasern herzustellen, werden große Energiemengen benötigt. Zudem entstehen durch den Einsatz von Blausäure giftige Nebenprodukte, wie Frank Hermanutz erläutert, der bei den DITF das Kompetenzzentrum Biopolymerwerkstoffe leitet.

All diese negativen Faktoren sollen bei dem neuen Verfahren wegfallen oder reduziert werden. Der Rohstoff ist nachwachsend, giftige Chemikalien werden im Herstellungsprozess nicht eingesetzt und der Energieverbrauch liegt nach Angaben von Hermanutz um 20 bis 30 Prozent unter dem des herkömmlichen Verfahrens.

Neuer Absatzmarkt für Laubholz aus dem Südwesten

Zusammen mit dem Technikum Laubholz, dass das Landwirtschaftsministerium im vergangenen Jahr gegründet hat, wollen die Denkendorfer Forscher ihr Verfahren nun so weiterentwickeln, dass eine Produktion im industriellen Maßstab möglich ist. Unternehmen aus der Textilindustrie und dem Anlagenbau sind an dem Projekt ebenfalls beteiligt. Bis Ende 2022 rechnet Hermanutz mit konkreten Ergebnissen.

Für das Land und andere Waldeigentümer, wie etwa Kommunen, würde die großtechnische Produktion von Carbon neue Absatzmöglichkeiten für Laubholz, speziell Buche, eröffnen. Diese Baumart wird durch den Waldumbau im Zuge des Klimawandels eine immer größere Rolle spielen. Als Bauholz im konstruktiven Bereich, etwa als tragende Balken, wird Buchenholz dagegen bislang kaum eingesetzt. (jüs)

Dieser Artikel stammt aus dem Staatsanzeiger.

Quelle: Staatsanzeiger | Wirtschaft | Freitag, 12. März 2021

Fotos © Pixabay

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